top of page

keine Zeitverschwendung- Kochen in der Grundschule




„Das ist ja mal ganz schön, aber das ist ja kein richtiger Unterricht!“

Diesen Satz hörte ich einen Sozialarbeiter an unserer Schule sagen. Gemeint war meine Kochstunde mit den Kindern. Hier die Hintergründe:


Meine Schülerinnen und Schüler hatten ein paar Tage zuvor ein Arbeitsblatt erhalten. Ein Waffelrezept musste geordnet werden. Außerdem mussten die Kinder sich überlegen, welche Zutaten und Küchenutensilien für dieses Rezept wohl gebraucht werden. Mit ihren Listen trafen sie sich in Gruppen und planten die Ausführung. Eigenverantwortlich mussten sie zuteilen, wer für welches Material verantwortlich ist. Drei Tage später war es dann soweit und wir bereiteten gemeinsam die Waffeln zu. Mit Vorbereitung, Durchführung, Essen und Aufräumen gingen da gut zwei Schulstunden drauf. Ganz schön viel Zeitaufwand für „keinen richtigen Unterricht“.

Doch warum ich diese zwei bis drei Stunden sehr wohl für gut investierte Zeit halte erfahrt ihr jetzt:

Lernen durch Handeln


Die Kinder sollen in ein paar Tagen oder Wochen ganz alleine ein Rezept aufschreiben, in dem möglichst alle Handlungsschritte detailliert berücksichtigt und beschrieben werden. Doch nicht wenige Kinder haben noch nie auch nur irgendetwas selbst zubereitet. Welche Handlungsschritte notwendig sind können sie sich also nur sehr schwer vorstellen. Auch bei der Frage: „Welche Küchenutensilien brauche ich für das Rezept?“ ist die Durchführung sehr zentral. Denn ich lasse die Kinder hier gerne erst mal „ins Messer laufen“. So fällt schnell auf, dass etwa ein Löffel, eine Schüssel oder eine Schöpfkelle nötig gewesen wäre. Meist finden sich dennoch Lösungen, denn man kann sich ja von anderen Gruppen auch mal etwas leihen und wenn etwas ganz dringend benötigt wird, nehme ich das auch mal für den Notfall mit. Trotzdem: Durch diesen Moment, in dem die Kinder den „Mangel“ feststellen merken sie erst, was alles notwendig gewesen wäre, und bei der nächsten Planung denken sie schon anders.


Teamarbeit

Von der Planung, über die Durchführung bis zum Aufräumen am Ende. Diese Kochstunden erfordern ein Höchstmaß an Absprachen und Teamfähigkeit. Die Kinder müssen die Zutaten und Küchenutensilien zunächst einmal fair aufteilen. Hier zeigt sich auch, wenn Zutaten- oder Materialienlisten nicht übereinstimmen. Hat zum Beispiel jemand vergessen das Schneidebrett zu notieren, kann ein Teammitglied das thematisieren und dieses kann noch ergänzt werden. Am Tag der Aktion ist Zuverlässigkeit gefragt. Hat jeder seine Zutaten und Materialien dabei? Dann muss das Rezept schrittweise zusammen durchgeführt werden. Die Kinder müssen sich abwechseln. Gar nicht so einfach! Und schließlich das Aufräumen! Alle müssen mitmachen, keiner darf sich rausnehmen.


Aufmerksames Lesen

Um das Gericht erfolgreich zubereiten zu können muss jeder einzelne Handlungsschritt erlesen und dann durchgeführt werden. Das leuchtet (selbst den Lesefaulsten) recht schnell ein, denn es ist offensichtlich, dass ich als Lehrkraft nicht neben jeder einzelnen Gruppe stehen und ihnen die Vorgehensweise runterbeten kann. Dafür gibt es ja das Rezept. Und das muss genau gelesen werden. Erfolgskontrolle inklusive ;-)


Mengenangaben ganz konkret

Viele Kinder haben keine Vorstellung von Mengenangaben, auch wenn man sie in der Grundschule in jedem einzelnen Schuljahr behandelt. 250 ml Milch? Ob das viel oder wenig ist- die meisten haben keinerlei Idee dazu. Messbecher und Waage sind aber bei nahezu jedem Rezept in Gebrauch und die Mengen müssen abgelesen werden. Natürlich bräuchten die Kinder hier mehr als ein paar wenige Stunden Kochen in der Klasse. Eine Koch-AG wäre sicherlich hilfreich. Aber zumindest bekommen die Kinder durch die Kochversuche in der Schule schon mal einen Bezug zu dem Thema und manche sind davon so begeistert, dass sie auch zu Hause das ein oder andere Gericht nachkochen oder mit den Eltern noch weitere Gerichte entdecken.

 

Selbstwirksamkeit, Motorik und Spaß

Das Tollste am Kochen ist aber neben der gemeinsamen Aktivität sicherlich das Endprodukt. Am Ende hatte jedes Kind eine leckere Waffel auf dem Teller. Ich habe den Kindern freigestellt sie nach Lust und Laune zu garnieren und so entstanden sehr abwechslungsreiche und leckere Teller. Etwas zu essen, was man selbst zubereitet hat, ist für die Kinder etwas ganz besonderes. Schließlich ist es für die meisten nicht alltäglich. Diese Unterrichtsstunden sind (ungewöhnlich) praktisch und erfordern die Koordination beider Hände, Fein- und Grobmotorik. Das ist bei „normalem“ Unterricht selten gegeben. Und natürlich sind die allermeisten Kinder in diesen Stunden topmotiviert dabei. Die Kochstunden machen Spaß und werden auch nach der Unterrichtseinheit von meinen Kindern immer wieder „eingefordert“ bzw. „erbeten“ und wenn sich die Gelegenheit bietet (z.B. passend zu einem Sachunterrichtsthema wie etwa „Unsere Heimat/ regionale Küche“), ermögliche ich den Kindern auch immer wieder solche Stunden.


Kochen in der Grundschulklasse gehört daher für mich fest zum Repertoire und das obwohl wir keine Küche in unserer Schule habe. So muss man manchmal ein bisschen flexibel sein und „tricksen“, aber es lassen sich dennoch sehr viele verschiedene Gerichte in der Klasse „zaubern“.


Zum Schluss noch ein kleiner Werbeblock:

Wenn ihr nach Gerichten sucht, die sich in der Grundschule (ganz ohne Küche) zubereiten lassen, dann empfehle ich diese Rezepte-Sammlung:






2 Ansichten0 Kommentare
bottom of page